18. Januar 2013

Audienz 2012: Die Auswirkung unseres Verhaltens auf den Lehrer

Audienz bei S.E. Garchen Rinpoche in München, September 2012


Aufgrund der Sorge um S.H. Chetsang Rinpoche - nach seiner nochmaligen Erkrankung - äußerten mehrere Sangha-Mitgliedern den Wunsch, ob S.E. Garchen Rinpoche etwas dazu erläutern würde, wie sich das Verhalten der Sangha auf den Lama auswirkt.
Hier sein liebevoller Kommentar:

Bildlich gesprochen ist Bodhicitta wie Wasser.
Der riesengroße Weltvorrat an Bodhicitta - das Bodhisattva-Herz aller Erwachten - ist wie ein riesengroßer Ozean oder ein Wassertank.
Dieser Wassertank hat mehrere Öffnungen in alle Richtungen, wie Wasserhähne, durch die das Wasser hinaus fließen kann.
Die einzelnen Lehrer sind sozusagen diese "Zapf-Stellen", durch die das Wasser (der Bodhicitta) aus diesem riesigen Wassertank zugänglich wird und zu allen Lebewesen gelangen kann.

Wenn jemand die Herzensbindung nicht einhält und ärgerlich wird, dann kann dieses Wasser nicht weiterfließen, oder es wird vergeudet.
Diese vergeudete Herzenswärme schadet dem Lehrer ein bisschen.

Das Wesentliche ist, nicht darüber nachzudenken, sondern sich darum zu kümmern, dass man selbst diesen Bodhicitta bewahrt.
Immer dort, wo Herzenswärme vorhanden ist, da kommt Bodhicitta ins Fließen und kann weitergereicht werden. Das nutzt dann auch allen anderen.

Wenn jemand an einer Stelle einen Fehler macht, dann ist es nicht so, dass alles Wasser verloren geht und nichts mehr zu trinken da wäre, sondern es ist nur an einer Stelle vergeudet.
Wenn dafür jemand anderes viel Geduld und Herzenswärme besitzt, dann kann das Wasser trotzdem weiter fließen und Nutzen bringen. Deswegen ist es vor allem wichtig, sich um sich selbst zu kümmern und die eigene Herzenswärme zu fördern.
Dazu braucht man zwei Dinge: Geduld und Liebe.
Wo auch immer Liebe und Fürsorge vorhanden sind, da kommt eine Herzensverbindung  zustande. Dort kann das Wasser der Liebe des Lehrers Verbindung aufnehmen und weiter fließen und von Nutzen sein.

Besonders, wenn Schüler aufeinander wütend werden, dann  sollte wenigstens einer von beiden Geduld haben. Somit ist der Schaden nicht so groß, und es geht nicht alles verloren.

Besitzt man ganz reines, kostbares Wasser, eine kostbare Flüssigkeit, braucht es ein Gefäß, damit es nutzbar wird. In diesem Gefäß kann es gehalten werden.
Das Gefäß ist die Geduld - das „Dulden“ können, das „Einfach so stehen lassen“ können, das „Ertragen“ können. Diese Fähigkeit, die "erträgt", trägt das Wasser des Bodhicitta.

Wenn man sich ärgert, kann man für den Moment an einer Stelle eine Stauung verursachen. Wichtig ist, sofort zu erkennen, dass die eigene Liebesfähigkeit vermindert wurde und dass man sich wünscht, diese sofort wiederzuerlangen. Damit ist alles wieder gut.
Bodhicitta, das Bodhisattva-Versprechen, diese Liebe, ist leicht zu verlieren, mit nur einem Gedanken - aber man kann sie auch genau so leicht wieder herstellen.
Es braucht dazu nur Aufmerksamkeit.

Die Vorsätze, die man zur eigenen Befreiung gefasst hat, wie bestimmte Gelübde einzuhalten, z.B. nicht zu töten usw., sind nicht so leicht zu verlieren, weil es dafür eine bestimmte Anzahl von Bedingungen braucht, um sie zu brechen. Wenn sie aber gebrochen sind, dann sind sie völlig gebrochen; wie ein Tontopf, wenn er zerbrochen ist, dann ist er zerbrochen.

Kommentar:
S.E. Garchen Rinpoche hat zusätzlich noch erwähnt, dass man sich nicht auf Hindernisse konzentrieren und auch nicht über diese nachdenken solle, sondern dass es wichtiger ist, auf Tara zu vertrauen und sich ihr anzuvertrauen. Dabei konzentriert man sich auf das TAM und stellt sich den Lama im Tropfen (Nada) vor.
Auch S.H. Dalai Lama habe in einer Rede in Washington 2011 erwähnt, dass auch er Tara vertraut, dass [mit ihrer Hilfe] alles wieder in Ordnung kommt.

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Übersetzung Ch.K. © 2012 Daniela König. 

Redigiert Ulli Kupzog.
Die Zitate können an Freunde weitergeleitet werden - bitte mit dem dazugehörenden copyright. 
Alle anderen Rechte sind vorbehalten. 

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ENGLISH

Audience with H.E. Garchen Rinpoche in Munich, September 2012

How our own behavior is reflecting back to the teacher.


Worrying about the health of H.H. Chetsang Rinpoche – as now he has fallen ill again – several members of the Sangha requested H.E. Garchen Rinpoche to explain how the behavior of the Sangha reflects back to the Lama.

Here is his carrying commentary:

Using an image Bodhicitta is like water.
The huge world storage of Bodhicitta – the Bodhisattva-Heart of all Awakened ones – is like a huge ocean or water tank.
This water tank has several openings in all the directions, like water taps, through which the water can flow out.
The individual teachers are, so to speak, the water taps, by which the water of the Bodhicitta becomes accessible and can reach out to all sentient beings.

If someone neglects the bond of heart and becomes angry and alike, then the water can’t flow and it’s so to speak wasted.
This wasted warmth of heart in turn has some sort of harm to the teacher.

The main thing however is, not to worry about that, but rather to care about oneself maintaining Bodhicitta.
Wherever warmth of heart is present, then the Bodhicitta is flowing and can reach out to others. In that way it is of use for everyone else.

If at one point somebody commits a mistake, however it’s not so that all of the water is wasted and there would be no drinking water at all.
It is only wasted in a particular spot.
And when it turns that someone else has a lot of patience and warmth of heart, then the water can still flow and bring benefit to others.
What really matters is to let one's own warmth of heart grow.
Therefore two things are needed: Patience and love.
Wherever there is love and care, then there is a contact of heart, a relationship formed. There the water of love of the teacher can connect and flow and be of use for all sentient beings.

Now when in particular students get angry at each other, at least one of them should have patience. Then the damage isn’t that big and not all is lost.

If you own precious pure water, a precious liquid, then you need a vessel, to make it usable. In that vessel you can keep the liquid.
Likewise patience is the vessel – the ability to forbear, to let be, to accept. This capacity to endure carries the water of Bodhicitta.

When someone is angry, for that moment, at a particular spot, a blockage can be caused.
It is important to identify, that now one’s own capacity for love and affection has been diminished and that immediately one wishes to restore it again. Then everything is fine.
It is said that Bodhicitta, the Bodhisattva-commitment, this love, is easy to lose, with just one thought – but in an equally easy way one can restore it instantaneously.
It just needs our own care and attention.

Those commitments done for one’s particular liberation, like the vows not to kill and so on, are not so easy to lose since it requires a set of conditions, to fully break them. But once they are broken, then they are broken. They are like a clay pot – when crashed, it’s crashed.

Commentary:
H.E. Garchen Rinpoche additionally mentioned that we should not focus on obstacles and also not worry about them. There would be much more of value to trust in Tara and concentrate on the seed-syllable TAM and to think of the Guru right in the drop (Nada).
Also H.H. Dalai Lama mentioned in a speech in Washington 2011 that he trusts in Tara, and [with her help] everything will turn out fine.

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Translation Ch.K. © 2012 Daniela Koenig. All rights reserved.
The quotes may be forwarded to friends, but all other uses are reserved.

15. Dezember 2012

Bewusstseinstraining



Den Geist musst Du wie einen Muskel trainieren.
Wenn Du Deinen Körper trainieren willst, musst Du regelmäßig Übungen machen.
Gleichermaßen musst Du, wenn Du Deinen Geist trainieren willst, Meditation auf einer täglichen Basis praktizieren.
Eine schwere Last wirst Du nicht mit schwachen Muskeln tragen können.

Trainieren ist ein schrittweiser Prozess.
Wenn Du Schwierigkeiten überwinden und stärker werden möchtest, musst Du auf einer täglichen Basis beharrlich und konstant Deinen Geist trainieren.
Jedes Mal, wenn Du einen Gedanken erkennst, ist Deine Achtsamkeit um [genau] so viel stärker geworden.
Mit der Zeit wirst Du an innerer Kraft gewinnen.

Anfangs ist es nicht leicht, sehr starke Emotionen zu überwinden.
Wenn diese Emotionen zu überwältigend sind und Du unfähig bist, sie mit Achtsamkeit zu überwinden, musst Du eine andere Methode anwenden.
Du solltest dann sofort an eine Gottheit wie Tara denken, ohne Dir zu erlauben, in dem schlechten Gefühl zu schwelgen.

Anfangs wirst Du die Emotionen wahrnehmen, aber sie werden trotzdem noch nicht verschwinden.
Der Grund dafür ist, dass Deine Achtsamkeit noch nicht stark genug ist.
Deswegen musst Du den Geist in jeglicher Lebenslage trainieren, nicht nur, wenn Du Problemen begegnest.

Zu Beginn solltest Du Deinen Geist durch das Erkennen von weniger intensiven Gedanken trainieren. 
Und wenn Du mit Eifer regelmäßig übst, dann wirst Du schließlich fähig sein, sogar stärkere Gedanken zu überwinden. 
Später kann Dich gar keine Emotion und kein Gedanke mehr beunruhigen.
Alles wird ein und dasselbe.
Dann ist, obwohl der Körper in Samsara ist, der Geist befreit.

Du solltest Dich eher anstrengen, Deinen Geist zu befreien als Deinen Körper.
„…Bewusstheit, der Gast, wird das Gasthaus des Körpers beiseite legen. …“ 
(37 Bodhisattva Übungen).
Wenn Dein gedankliches Anhaften abnimmt, wirst Du sehen, wie alles so vergänglich ist und nicht wirklich existiert.

Dieses Leben ist wie ein Traum.
Nichts bleibt jemals bestehen, Leid und Freude kommen und gehen.

Du musst in der Lage sein, Deine Fixierung an die Dinge, die nicht verweilen können, loszulassen.
Gedanken der Begierde und Anhaftung sind Einbildungen eines verwirrten Geistes.

Das Beste ist, wenn Du nichts brauchst.


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Erinnerungen der Güte, des Mitgefühls und Deiner eigenen wahren Natur, von Seiner Eminenz Garchen Rinpoche.

Übersetzungs copyright der deutschen Fassung © 2012 Daniela König. Redigiert von Ulli Kupzog.
Übersetzungs copyright der englischen Fassung © 2012 Ina Bieler.
Die Zitate können an Freunde weitergeleitet werden - bitte mit dem dazugehörenden copyright. 
Alle anderen Rechte sind vorbehalten. 







You must train the mind like a muscle. If you want to train your body you must practice exercise regularly. Likewise, if you want to train your mind you must practice meditation on a day to day basis. You will not be able to carry a heavy load with weak muscles. Training is a gradual process. You must persistently and constantly train your mind on a day to day basis if you wish to overcome difficulties and become stronger. Every time you recognise a thought your mindfulness has become that much stronger. Slowly you will gain in inner strength. In the beginning it is not easy to overcome very powerful emotions. If the emotions are too overwhelming and you are unable to overcome them with mindfulness, you must apply a different method. You should then think of a deity, like Tara, immediately without allowing yourself to indulge in the bad feeling. In the beginning you do recongise the emotions but they still won't go away. That is because your mindfulness is not strong enough. Therefore you must train the mind in all circumstances, not only when you encounter problems. You should train the mind first by recognising the less intense thoughts. And if you train consistently with diligence, then eventually you will be able to overcome even more powerful thoughts. And later, no thought or emotion can trouble you anymore. Everything becomes the same. Then even though the body is in samsara, the mind is liberated. You have to make an effort to liberate your mind rather than your body. "Consciousness the guest, will cast aside the guesthouse of the body." (37 Bodhisattva Practices) When your mental grasping diminishes you will see how everything is so fleeting and doesn't truly exist. This life is like a dream. Nothing ever stays, suffering and happiness come and go. You must be able to let go of your fixation to the things that cannot last. Thoughts of desire and attachment are the delusion of a confused mind. Best is if you need nothing.

--
Reminders of Kindness, Compassion, and Your Own True Nature by Kyabje Garchen Rinpoche
 
Translation copyright © 2012 Ina Bieler. All rights reserved.
The quotes may be forwarded to friends, but all other uses are reserved.

2. Dezember 2012

Frage zur Visualisation und den Opfer-Substanzen


 

Frage und Antwort mit S.E. Garchen Rinpoche während des Amidewa Retreats 2012 in Singapur

Frage: Halten wir die ganze Zeit die gesamte Visualisation aufrecht, wenn wir das Mantra singen?

 

GR.: Während der Mantra-Rezitation musst Du nicht die ganze Zeit alles visualisieren.
Wenn wir die Visualisierung für die Mantra-Rezitation zu Beginn rezitieren, solltest Du die Visualisation so erzeugen, wie sie im Text beschrieben ist.
Dann beginnst Du, das Mantra mit dieser Visualisation zu rezitieren.
Sobald Dein Geist dann klar und still wird, musst Du gar nichts visualisieren. 
Du kannst einfach diesen Zustand der Klarheit und Gelassenheit aufrechterhalten, während Du das Mantra rezitierst.
Falls wieder störende Gedanken oder Emotionen auftauchen, solltest Du zurück zur Visualisation kommen, um Deinem Geist zu helfen, sich wieder zu fokussieren. 
Wenn es keine Gedanken gibt, kannst Du einfach im leeren, natürlichen Zustand des Geistes ruhen
…frei von [jeglicher] Fixierung verweilen, …sich selbst und andere nicht trennend.

Frage: Wenn wir zuhause praktizieren, müssen wir dann sämtliche Opferungen darbringen, wie der Sadhana andeutet?

GR.: Es ist nicht nötig, alle vorgegebenen Opfer-Substanzen zusammenzustellen.
Was auch immer Du hast, solltest Du zusammenbringen, wie etwa Blumen, Wasserschüsseln, eine Statue oder ein Bild u.s.w., und den Rest kannst Du visualisieren.
Wichtig ist, die Bedeutung hinter diesem „Opferungen machen“ zu verstehen.
Der Punkt ist, die Ego-Anhaftung zu überwinden.
Wenn wir uns darin üben, Opferungen darzubringen, üben wir, das wegzugeben, was für uns wertvoll ist, somit lassen wir [unsere] Anhaftung los.
Normalerweise haften wir an den Sinnesgenüssen, aus diesem Grund opfern wir sie.
In der Tat hat die Gottheit keinerlei Bedarf noch Verlangen nach diesen Sinnesgenüssen, aber sie darzubringen befreit unsere eigene Anhaftung, und wir sammeln großes Verdienst an.
Das Resultat, das auf diese Opferungen folgt, werden wir in zukünftigen Leben ähnlich der Ursache erfahren, wie z.B. ein wunderschönes Aussehen oder eine lange Lebensspanne, und letztendlich dient es als die Ursache, um Erwachen zu erlangen.

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Erinnerungen der Güte, des Mitgefühls und Deiner eigenen wahren Natur, von Seiner Eminenz Garchen Rinpoche.

Übersetzungs copyright der deutschen Fassung © 2012 Daniela König. Redigiert von Ulli Kupzog.
Übersetzungs copyright der englischen Fassung © 2012 Ina Bieler.
Die Zitate können an Freunde weitergeleitet werden - bitte mit dem dazugehörenden copyright. 
Alle anderen Rechte sind vorbehalten.


Q&A with HE Garchen Rinpoche during 2012 Amidewa Retreat in Singapore


Q: When we are chanting the mantra, do we keep up the entire visualisation all the time? 


GR: You do not have to keep visualising all the time during mantra recitation. In the beginning when we recite the visualisation for the mantra recitation, you should generate the visualisation as explained in the text. Then you begin reciting the mantra with this visualisation. When your mind then becomes clear and calm you do not have to visualise anything. You can just sustain this state of clarity and tranquillity as you recite the mantra. If distracting thoughts or emotions again arise you should come back to the visualisation to help you mind return to focus. When there are no thoughts you can just rest in the empty natural state of mind, abide free from fixation, not separating self and others.

Q: When we do the practice at home, do we have to do all the offerings as the sadhana suggests? 

GR: There is no need to assemble all the prescribed offering substances. You should assemble whatever you can such as flowers, water bowls, a statue or picture, and so forth, and the rest you can visualise. It is important to understand the meaning behind making these offerings. The point is to overcome ego-clinging. When we practice making offerings, we are practicing to give away what is precious to us, thus we release attachment. Ordinarily we are attached to the sense pleasures, for this reason we offer them. The deity actually has no need or desire for these sense pleasures, but offering them releases our own attachment and we accumulate great merit. As a result of having made offerings we will experience the result that is similar to the cause in future lifetimes, for example a beautiful complexion, or a long life span, and finally it serves as the cause for attaining awakening. 

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Reminders of Kindness, Compassion, and Your Own True Nature by Kyabje Garchen Rinpoche 

Translation copyright © 2012 Ina Bieler. All rights reserved. 
The quotes may be forwarded to friends, but all other uses are reserved.